(der Verfasser als Vierjähriger mit 'stibitzter' Schultüte seines eingeschulten älteren Bruders)
10. 2. 2014
Meine Einleitung mag den Eindruck erwecken, ich wolle hier über Schule schreiben, doch das trifft nicht zu. Es geht mir nicht um die Ausbildungs-Institution, sondern über das Leben als Schule zur
Menschwerdung. Lass den Beginn – mit Erinnerung an deine eigene Zeit als Pflichtschüler(in) – einfach mit leisem Schaudern an dir vorbeiziehen!
Als ehemaliger Hauptschullehrer kenne ich die sehr unterschiedlichen Erwartungen von Eltern, Schüler(inne)n, Kolleg(inn)en und nicht zuletzt Schulbehörden wie auch der Wirtschaftsbetriebe an das,
was 'Schule' zu leisten hat – was an mich für höchst widersprüchliche Anforderungen gestellt wurden. Ich formuliere bewusst überspitzt, um die Tendenz zu Extremen deutlich zu machen. Tatsächlich
waren die Strukturen natürlich vielschichtiger:
- Die meisten Eltern 'parkten' ihre Kinder bis zum Ende des Ganztagsunterrichts außerhalb ihrer Aufsicht. Die war das Wichtigste, was erwartet wurde. Hauptsache es passierte nichts und es gab
keinen Ärger. Interesse für das, was wie zu lernen war, war im Durchschnitt kaum zu erwarten – Ausbildung (und Erziehung oft auch!) 'der Schule' als Institution fast vollständig übertragen.
Kosten sollten nach Möglichkeit keine entstehen; die sollte 'der Staat' tragen. Die Schule sollte möglichst keine Ansprüche an das Elternhaus der jungen Heranwachsenden stellen.
- Neben einigen strebsamen Kindern und Jugendlichen gab es reichlich mutlose, desinteressierte, unkonzentrierte, übermüdete, desillusionierte Wesen. Bei allen Problemen, die unser Schulsystem
(mit seinen starren Unterrichtszeiten und dem hoch angesehenen (?) Notensystem) Heranwachsenden wie auch Lehrern nun einmal bereitet, war es alles andere als leicht, Interesse an
Naturzusammenhängen, Technik, Sprache, Rechnen, Geschichte/Politik zu wecken und zu fördern. Auch Bewegung war bei vielen eher wenig beliebt. Am liebsten Ausflüge in einen Freizeitpark oder
andere 'Jubelstätten'.
- Die Schulaufsicht erwartet einen geregelten Schulbetrieb mit möglichst geringem Unterrichtsausfall und vor allem keine Klagen von Eltern. Auf höherer Ebene verlangt sie die Ausbildung zum
mündigen Bürger – auf Hauptschulebene eine Herkulesaufgabe. In vielen Elternhäusern wird alles andere als selbstverantwortlich gelebt; wie soll bei diesem Alltagsvorbild eine von 'oben' her
fachlich orientierte Ausbildungsinstitution ein solches Vorbildverhalten der Eltern jemals ausgleichen? Die Grundmotivationen eines Menschen bilden sich
doch bereits in viel jüngeren Jahren heraus!
Meine Kollegen und Schüler verbrachten ihren Alltag in einem Schul-Moloch mit einer dreizügigen Hauptschule sowie einem vierzügigen Gymnasium. Das waren über 1000 Menschen auf engem Raum in
halligen, nackten Gängen in einem Flachdachbau der 70er Jahre. Lärm und Stress durch eine Art von Teilzeit-Käfighaltung waren an der Tagesordnung. In Kombination mit dem oben beschriebenen
Erwartungsgebräu der anderen Beteiligten betrachtete man sich nicht zufällig als eine Art von Notgemeinschaft. Es galt, in möglichst guter Zusammenarbeit so etwas wie einen 'geregelten Betrieb'
aufzubauen, in dem Kinder wie auch Erwachsene so etwas wie Ruhe und Konzentration aufbauen konnten. Allerdings mussten die Vorstellungen vom Lehren und Lernen bei den Kollegen schon einigermaßen
zusammenpassen, damit so etwas gelingen konnte. Sie waren das größte kollegiale Hindernis in der dringend erforderlichen Zusammenarbeit in einem solchen System.
Ich will hier nicht weiter ins Detail gehen, denn um Lernfabriken soll es hier nicht gehen. Doch das gezeigte Spannungsfeld deutet an, wie vielschichtig das ist, was uns alltäglich als noch viel
größere Lebenswelt umgibt und beeinflusst. Jedes berufliche und private Umfeld sieht anders aus; aber es gibt darin so etwas wie Grundzüge – und genau denen will ich hier nachspüren.
(eine Hauptschüler-Karnevalssitzung - der Klassenlehrer wird im Unterricht 'umfrisiert' und muss anschließend wegen seines 'untragbaren Verhaltens' eine disziplinarische Klassenkonferenz mit
'Bestrafung' über sich ergehen lassen)
Welche gelten da heute als Richtschnüre? Wie wirken sich diese bei 'normaler Anwendung' aus?
Meine Vorschau zum Titel gab bereits den Vorgeschmack:
„Leibesfülle, zu große Wohnungen – verstopft mit dem eigenen angesammelten Besitz, von der Masse her gewaltige Fortbewegungs- bzw. Transportmittel, Verkehrslärm, verstopfte Straßen und
gleichzeitig von riesigen Fahrbahnen zerfressene Siedlungsgebiete, riesige – der Natur entrissene versiegelte Wirtschafts- und Wohnflächen, mehr als 10 Tonnen Müll und Emissionen pro Einwohner –
nicht zuletzt fast ständiger Zeitdruck auf der Arbeit und selbst in der Freizeit.“
Ich bin mir bewusst, dass ich hier ein wenig überzeichne und dass das längst nicht eins zu eins für jeden zutrifft. Doch der dazu führende geistige Grund wirkt auf jeden von uns ein; durch unsere
Alltagsumgebung kann sich fast niemand diesen Einflüssen entziehen. Genau das schafft die oben aufgeführten Probleme – auch die Mega- und Großstrukturen, die Unterwerfung unter das Diktat des
Geldes sowie das clevere Absaugen von Kapital (letztlich Lebensenergie!) aus den 'niederen' Ebenen in vermeintlich 'höhere'. Faktisch nichts anderes als eine Art von Versklavung, auch wenn man
das öffentlich oder gar offiziell niemals so benennen würde..
Den heute unausweichlichen Mega-Kräften aus massenegoistischen Großkonglomeraten (Zweckvereinigungen wie Großbanken, Internationalen Großkonzernen und staatlichen Großmächten) hat jeder
entgegenzuwirken; das ist eine zentrale Lebensaufgabe – willst du Vielfalt und ein farbiges Lebensumfeld.
Ich für meine Person betrachte diese Welt nicht als eine Art von Jammertal, das man irgendwie hinter sich bringen muss. So etwas wie Qualität, Schönheit, Würde, Zusammenspiel und
Zukunftsaussichten gehören für mich neben den unvermeidlichen Lasten, Zumutungen und Schmerzlichem ebenfalls zur menschlichen Existenz.
Damit ist ein erster Kernpunkt gesetzt, von dem aus weitere Fragen ausgehen können.
Zum Beispiel: Was davon gehört zu legitimen menschlichen Grundbedürfnissen?
Ich erwähnte eben die von mir in früheren Artikeln bereits beleuchtete (Selbst-) Unterwerfung unter das Diktat des Geldes mit den zugehörigen Riesenstrukturen wie Konzernen und Großbetrieben –
auch die Institutionen von Staaten neigen zu einem daran orientierten Eigenleben. Dazu gehört die Absaugung von Kapital durch Kaufakte, Beleihungskosten (z. B. Miete), Schuldzinsen wie auch
Steuern.
Menschliche Individuen wie du und ich neigen bei einem so gearteten Überbau dazu, in gleicher Weise in ihrer Mitwelt eine Art von Selbstbedienungsladen zu sehen, aus der man irgendwie und
möglichst 'clever' (neues Modewort hierzu: 'smart') herauspresst, was eben 'zu holen' ist.
Bei einer solchen Grundhaltung verwundert es nicht, dass nach echtem Bedarf erst gar nicht gefragt wird. Das gilt sowohl für die ganz private persönliche Ebene bis hinauf in die höchsten Türme
der Organisatoren und Manager des Auslebens dieser Geisteshaltung – auch auf staatlicher Ebene.
Letzteres erfährst du immer wieder, wenn vor politischen Wahlen Geschenke an Wählerschichten versprochen werden, die oft eher einem dumpfen, maßlosen Anspruchsdenken entspringen als echtem,
sinnvollen Menschenbedarf. Ein Bürger scheint eben etwas anderes zu sein als ein Mensch. Klingt polemisch, ist aber unter den Gegebenheiten ganz nüchterne Realität. Der 'Bürger' schafft sich
seinen passenden Überbau und dieser wiederum bestätigt ihn – dankbar für die Machtverleihung – in seinem blinden Anspruchsdenken.
Demokratie scheint in unseren Breiten zu sehr daran orientiert, was mühelos gefällt und angenehm bzw. bequem ist; das Gleiche gilt für privatwirtschaftliche Angebote. Hauptsache es kostet
nichts, es werden keine Ansprüche gestellt, alles ist schnell und überall verfügbar, angenehm und bequem – ab und zu auch aufreizend, berauschend und benebelnd. Dann ist die 'westliche Welt' in
Ordnung.
Ich sehe mich bei dem Gedanken daran durchaus in einer gigantischen 'Hauptschule' wieder, die die alltägliche Schule meines Lebens ist. Hier gibt es keinen 'Ruhestand' – nicht für Kleinkinder und
auch nicht für ganz Alte; hier gibt es immer neue Lebensaufgaben.
(politisch unkorrekter Vorschlag zur Änderung der Bundeswehr-Kleiderordnung)
Dies also ist die Lebensschule; du und ich sind Lernende darin. Die bestehenden Strukturen sind das Anschauungsmaterial; unsere Fragen der aktuelle Lernstoff. Lehrer gibt es ebenfalls. Das
sind nicht etwa Autoritäten, sondern selbst Fragende und Suchende, die sich ähnlichen Fragen stellen wie du und ich. Es gibt niemanden, der den Schlüssel in der Hand hält und mit ihm die
'richtige Lösung', wie das früher in der Pflichtschule meist der Fall war.
(Ich habe zweifelsfrei in meinen Jahrzehnten als Lehrer selbst auch viel von meinen Schülern, ebenso von Kollegen und Eltern gelernt; meine übergeordnete Position stattete mich seitens des
Schulträgers, durch Kollegen, aber auch von Eltern und noch mehr durch die Schüler nur mit besonderen Machtbefugnissen aus – ich wurde als eine Art Ordnungsmacht ausgestattet - ohne diese wäre in
vor allem in manchem hartnäckigen Fall von 'Pipikaka' nicht wirksam genug entgegenzutreten gewesen. Man hat halt nicht immer alle Zeit der Welt gegen hartnäckige Lebens- und
Sozialverweigerung.)
Heute habe ich mein Leben selbst zu führen und zu gestalten. Doch das erkenne ich als meine ganz persönliche Ansicht und durchaus nicht als die der Mehrheit meiner Mitmenschen.
Wenn Großkonzerne uns ihren oft minderwertigen Tand zum x-ten Male andrehen dürfen, wenn wir uns mit teuer finanzierten Spielen oder anderen Großveranstaltungen der Unterhaltungsindustrie
(nebst Fernsehen) einen ansonsten eher langweiligen Alltag aufpeppen lassen, wenn wir dazu unentwegt essen und trinken, uns mit ungefragter Werbung allerorten – selbst zu Hause – zumüllen lassen
und fast als Dauerpatienten im Schnitt 17mal jährlich im Schnitt einen Arzt aufsuchen, dann ist die eigene Lebensführung ganz offensichtlich in weiten Teilen ausgelagert ('outgesourct') und an
andere delegiert worden – jedenfalls befindet sich das Steuer kaum noch in der eigenen Hand.
Wozu das, wenn es zu so grottenschlechten Ergebnissen führt?
- Wozu benötigt ein Mensch 43 Quadratmeter im Volksdurchschnitt – zuzüglich Abstellflächen? Wozu muss er das beleuchten, beheizen, sauber halten und pflegen? Dient er damit wirklich einem
persönlichen Grundbedürfnis oder betreibt er damit nicht eher eine aufwändige Wirtschaftsförderungsmaßnahme – eine Art von Subvention? Ich habe übrigens selbst so viel zur Verfügung und weiß,
wovon ich da spreche.
- Wofür benötigen wir PS-starke Automobile in einem Gewichtsverhältnis von 20 bis 30:1 zum Menschen, der darin in der Regel alleine transportiert wird – die enorme Anschaffungs-, Unterhalts- wie
auch Reparaturkosten verschlingen und dazu noch enorme Abstellflächen benötigen? Dient das wirklich zuerst dem menschlichen Grundbedürfnis nach Fortbewegung oder eher mehr den damit befassten
Herstellern, Finanzinstituten, Werkstätten, Versicherern, den Mineralölkonzernen, Straßenbauern etc.?
- Warum kaufen wir Kleidung in zigfacher Menge dessen, was man jemals auftragen könnte? Dient das tatsächlich unserem Grundbedürfnis nach Schutz vor Witterung und eventuell dem nach einer
gepflegten äußeren Erscheinung oder wiederum in erster Linie dem gesamten Apparat von der Rohstoffgewinnung über Textilproduktion bis hin zu den Vermarktern?
Niemand wäre so dumm, sich selbst aus eigenem Antrieb ubervorteilen zu lassen, also betrügen, auslutschen, aussaugen, mit Minderwertigem abspeisen. Trotzdem ist das allgemeine Realität. Schwer
zu sagen, wie es gelingt, unsere Augen dermaßen zu vernebeln, dass wir das nicht regelmäßig früh genug sehen!
Ich will diese Frageliste hier nicht fortsetzen; das kannst du mit deiner Fantasie wahrscheinlich mühelos selbst, wenn du dieselbe Logik in Frageform auf andere Bereiche überträgst. Mich
interessiert im Zusammenhang damit weitaus mehr, was uns dazu bewegt, uns so offensichtlich maßlos, sinnlos und dumm verhalten, wenn das alles doch offensichtlich mit unseren eigenen
menschlichen Grundbedürfnissen nicht mehr viel zu tun hat.
Wir leben in unserer Lebenswelt völlig abgehoben und haben in grundsätzlichen materiellen wie auch geistigen Dingen jegliche Bodenhaftung verloren. Das ist der einfache, nüchterne
Befund als Resultat weniger Fragen, die sich jeder selbst leicht stellen und beantworten kann.
Was bewegt uns da, was treibt uns zu solchem Tun an? Es ist nicht übertrieben, so etwas als ver-rückt oder verwirrt zu bezeichnen. Eine Art von Massenpsychose? Wir scheinen uns gegenseitig
in einer Spirale des Immer-Größer, Immer-Mehr, Immer-Schneller und Immer-Öfter anzutreiben und zu bestätigen, dass dies so 'normal' ist.
Ein Gedankensprung:
Als junger Erwachsener hatte ich das Glück, in Begleitung eines Freundes dessen Ferienbekanntschaft aus einem Lager zu besuchen und mit ihm zu seinem Onkel von einem Tal im Tessin bis gut 1000
Meter höher auf eine Alm zum Helfen und zum Übernachten zu begleiten, die nur auf einem steilen, sehr schmalen Trampelpfad zu erreichen war.
Dabei machte ich eine Zeitreise in die menschliche Vergangenheit, weil es dort oben keinerlei Maschinen, Elektrizität, Telefon oder Fernseher gab. Alles wurde von Hand gemacht. Dennoch gab es
Matratzen: Wir füllten einfach trockenes Buchenlaub in große textile Säcke und fertig waren die Betten. Der Inhalt wurde jedes Jahr einmal gewechselt, wenn das gefallene Laub trocken genug war.
Alles, was nicht von Hand über diese große Höhe zu tragen und nicht aus der nahen Umgebung in gleicher Höhe herbeizuschaffen war, das gab es hier einfach nicht. Und dennoch war das einfache
Holzhaus innen gemütlich und strahlte eine paradiesische Ruhe aus, wie sie im Tal unbekannt ist. Trotz aller Einfachheit: Für viele Probleme gab es einfache, improvisierte Lösungen. Man konnte
bei Bedarf den ganzen Sommer dort oben leben und nur weniges war aus dem Tal nötig.
Soviel als erster Einschub auf der Suche nach einem natürlichen menschlichen Normalmaß. Wer dort oben lebte, der lebte weitgehend in der Natur und mit der Natur. Wichtigstes Kapital waren
zunächst der eigene gesunde Körper und Geist – Körperkraft, Fertigkeiten und Wille; dann folgten die natürlichen Quellen in der Umgebung, die Rohstoffe dort – besonders Wasser, Kräuter, Wurzeln,
Früchte, Gras, Stein und Holz. In Verbindung mit stählernen Werkzeugen und Kleinteilen, die aus dem Tal hoch getragen wurden, waren Behausung, Inneneinrichtung und Heizung an Ort und Stelle
herstellbar.
Jetzt frag dich mal nach den Reichtümern in deiner unmittelbaren Lebensumgebung und was davon dort für grundsätzliche Bedürfnisse von dir genutzt werden kann bzw. genutzt wird – also von dir aus
eigener Kraft!
Zurück zu unseren Antrieben bei der maßlosen Bewirtschaftung unserer Haushalte:
Erkennen wir nicht mehr, was unsere natürlichen Möglichkeiten sind oder wollen wir und derer nicht mehr bedienen? Wenn ja warum? Wozu müssen die so sehr erweitert werden, dass es ohne diese
gewaltige Maschinisierung und unsere unzähligen Energie-Sklaven gar nicht mehr geht?
Es macht den Eindruck, als seien wir davon überzeugt (als glaubten wir), dass ein Leben ohne diesen Aufwand unterentwickelt, nicht vollwertig, mühselig und unwürdig sei.
Kurz: Ein Leben unter naturnahen Bedingungen erscheint heute nicht wirklich lebenswert. So erlebe ich das 'Credo' (Glaubensbekenntnis) meiner Zeit in meiner Lebenswelt. Ohne unsere Wohnpaläste,
unsere geradezu geliebten Autos, unseren umfangreichen Besitz bis hin zu großen Geldguthaben, ohne Mengen von Nahrungsmitteln und Futterstätten, ohne umfangreiche Einkaufsmöglichkeiten,
zahlreiche Unterhaltungsgelegenheiten d. h. Dauerberieselung mit Ton und Bild aus äußeren Quellen bis hin zu den immer noch boomenden gesundheitlichen Reparaturbetrieben vielfältiger Art scheint
man hier und heute nicht lebenswert existieren zu können.
Es drängt sich mir auf zu fragen:
Erkennen wir unsere Existenz als Naturwesen mit naturgegebenen Möglichkeiten überhaupt noch als lebenswert an? Nehmen wir dieses Leben nur noch an, wenn wir unsere Möglichkeiten gewaltig
aufblasen und uns künstlich 'vergrößern'?
Dass von Maschinen und deren Energie eine starke Kraft ausgeht, die durchaus als gewalttätig erfahren werden kann, wird schon jeder mehr oder weniger von klein an selbst erlebt haben. Findet da
eine Art Hochrüstung statt, in der jeder nur noch glaubt, mit solchen Mitteln noch mithalten zu können und auch zu müssen? Vermeintliche oder echte Bedrohung wäre dann die Triebfeder.
Ich persönlich halte nichts davon, dir hier eine 'perfekte Lösung' anzubieten. Diese Antworten muss jeder selbst geben und daraus seine Konsequenzen ziehen.
Schon der Titel macht deutlich: Mein Weg geht zunehmend weg von den Mitteln der privaten Aufrüstung hin zu naturnäheren Mitteln, mit denen ich mich umgebe und die ich anwende.
Ich persönlich mache mich zunehmend kleiner, wobei ich allerdings meine natürlichen Ressourcen 'Körper', 'Seele' und 'Geist' pflege und kultiviere – ganz in Gegenrichtung zu einer
'altersgerechten' Anspruchshaltung mit Blick auf Besitzstandswahrung, Reisen, Komfort, Bedienung und umfassender medizinischer Betreuung, wie es heute die Regel ist.
Da ich nicht alleine lebe, habe ich meinen Weg mit den durchaus auch abweichenden Interessen meiner Lebenspartnerin zu vereinbaren. Sie ist weniger 'radikal' oder grundsätzlich als ich, hat
andere Schwerpunkte, in denen sie pragmatisch tätig ist. Doch jeder hat grundsätzliches Vertrauen in das, was den anderen bewegt und antreibt. So finden sich auch immer wieder einvernehmliche
Lösungen bzw. Zwischenlösungen.
Meine Antwort auf die übertriebene Ausrüstung mit Raum, Material, Nahrung und Energie ist der Versuch einer maßvollen Rückführung dieser Auswüchse. Ich habe sie mehr oder weniger unbedacht
angenommen und mir zu eigen gemacht, wie es überall in meiner Lebensumgebung gehandhabt wurde. Ich sehe mich da als leicht überdurchschnittlicher Konsumwirtschaftler. Mein leicht
überdurchschnittliches Einkommen war Grundlage für dieses Verhalten.
(Der Vater als schlechtes Konsumvorbild: zu fett, zu salzig)
In früheren Jahren waren meine Lebensprioritäten andere: Familienaufbau, Hausbau, Beruf, Reisen, Konsum, Genuss, finanzielle Reservenbildung. In alledem war ich ganz ein Kind dieser Zeit. Doch
zunehmend dämmerte es mir, dass mein bisheriges Leben alles andere als zukunftsweisend war: Meine zahlreichen frühen Gesundheitsprobleme wie auch die anderer Familienmitglieder stießen mich
zunehmend darauf.
So kommt man zunehmend zu der Erfahrung, dass man da wohl auf allerlei Minderwertiges gesetzt hat, wovon man in früheren Jahren absolut überzeugt war – ja fasziniert. Dann begann ich zu
fragen:
Warum lebe ich so großkotzig und so oversized? Warum lebe ich eine Größe und Masse, die ich gar nicht selber bin und die ich auch ohne vielfältigste Mitarbeit von anderen niemals
hinbekommen könnte? Warum beanspruche ich andere so sehr mit meinen Erwartungen und lasse ich mich von deren Anforderungen bedrängen?
Wie kann sich eine Potenz an Wirtschafts-, Militär-, Finanz- und Wissenskraft so konzentrieren, dass sie in dieser Zeit den gesamten Planeten kurzsichtig wie eine Riesenfrucht auslutscht und
droht, ihn unwirtlich oder gar unbewohnbar zu machen? Und du bist mittendrin und dabei, dieses böse Spiel mitzuspielen!
Alle meine früheren Artikel behandeln Aspekte davon, wie ich mich in den vergangenen 14 Jahren zunehmend stärker verkleinert habe – in der Mobilität, beim Heizen, der Energienutzung, der
Geldanlage, dem Einkauf, der Ernährung, der Kleidung, der Müllvermeidung.
Dieser Prozess hat zunehmend Schwung bekommen – soll aber keineswegs in einem Leben als Eremit oder Aussteiger enden. Es geht mir ja darum, genau in dieser so gearteten Welt zukunftsweisende
Weichenstellungen zu finden und nicht darum, sie einfach in eine andere hinein zu verlassen.
In meinem vorangegangenen Artikel habe ich mich als Vielfach-Süchtigen geoutet, als der ich einen langwierigen Gesundungsprozess begann.
Dies will ich dir als einen möglichen Schlüssel anbieten, auch den eigenen Größenwahn zu erkennen und locker anzugehen.
Ich unterstelle dir als Leser nichts, was nicht allen von uns immer wieder als völlig o. k. – ja als gesellschaftlich förmlich gewollt – nahegelegt wird. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass der
Dauerbeschuss mit diesem geistigen Dünnschiss von kleinst an auch bei dir tiefe Spuren in Geist, Herz und Händen hinterlassen hat, halte ich für sehr groß. Bei dir als Leser(in) auf dieser
Plattform gehe ich allerdings davon aus, dass du allerdings längst davon weißt und du selbst aktiv daran arbeitest.
Mir ist daran gelegen, dass wir uns gegenseitig darin bestärken und Wege erarbeiten, die zukunftsfähiger sind als unsere aktuell vorherrschende kapitalistische und konsumistische Lebensweise, in
der praktisch jeder mehr oder weniger gefangen ist – ob er/sie es nun wahrhaben will oder nicht.
Selbst die bei der Bevölkerungsmehrheit noch argwöhnisch beäugten bzw. verpönten Veganer sind längst kapitalistisch erschlossen und werden mit einem vielfältigen, meist höchst fragwürdigen
industriellen Angebot belagert, bei dem die eigentlich erhofften gesundheitlichen und seelischen Entlastungen bzw. Verbesserungen eher unwahrscheinlich sind. Warum? Weil es sich meist um
industriell hoch verarbeitete und aufwändig verpackte – darum denaturierte und minderwertige Lebensmittel handelt – ob nun 'bio' darauf steht oder auch nicht.
(Grünspecht in unserem Garten - Grundbedürfnis nach Anregung, nach Schönheit, nach Neuem, Fremdem)
Selbst klar denken und danach handeln bringt dir einfach mehr als das dumpfe Vertrauen darauf, die (kapitalgeführten!) Industriebetriebe würden langsam begreifen, was für den Menschen wirklich
bekömmlich und tatsächlich und nicht nur behauptet vollwertig ist.
Naturnahes kommt nun einmal aus keiner Fabrik – daran kann kein Label und kein 'bio' jemals etwas ändern. Die sie Führenden verfügen nur über genug Geld (auf Pump!), mit dem sie,
aufdringlich werbend, die Angel nach dir auswerfen.
Natur wirbt nicht auf diese Weise. Sie wirbt durch Schönheit, Duft, Aroma – verlangt aber nicht unbedingt dein Zugreifen, im Gegensatz zur Produktwerbung.
Ich biete dir an, dich auch einmal als Süchtigen in diesem Lebensspiel zu betrachten, weil es neue Perspektiven eröffnet, die dir sonst verschlossen bleiben:
Wir wurden von klein auf süchtig gemacht und hängen heute an der konsumistischen 'Nadel'. Dazu aus einem Beitrag, den ich in einem Forum mit Diskussion über die Suchtwirkung von ganz normalen
Lebensmitteln gefunden habe:
„Sucht als pathologisches Symptom tritt immer dann auf, wenn das Belohnungssystem des Gehirns aus seelischen Gründen missbraucht wird – wenn die Belohnung quasi hier und jetzt erzwungen
werden muss, damit man sich einigermaßen wohlfühlen kann. Sucht funktioniert auch mit Nichtstofflichem wie Arbeit, Sport, Spiel, Sex, Hungern, Kaufen, Geldanhäufung, Protzen, Lügen und
Stehlen.“
Ich habe das Zitat, das mich spontan angesprochen hat, geringfügig erweitert, ohne aber den Sinn zu verändern. Sucht wird hier ganz weit gefasst – möglicherweise weite Bereiche der materiellen,
aber auch seelischen und geistigen Existenz überflutend.
Betrachtest du Sucht so umfassend, dann wird es leichter, bei sich selbst Gebiete auszumachen, in denen krankhafte Mechanismen wie die oben beschriebenen wirksam sind.
Wo 'besorge' ich mir Wohlgefühl auf Knopfdruck, weil es anderes schwer Erträgliche in meinem Alltag scheinbar abschwächt und somit weniger wichtig erscheinen lässt – durch Essen, Trinken,
Arbeit, Sport, Spiel, Sex, Hungern, Kaufen, Geldanhäufung, Protzen, Lügen und Stehlen?
Störe dich bitte nicht an den besonders verpönten letzten drei Aspekten, die aber seltsamerweise auch bei den 'oberen 10000' jeden Landes absolut verbreitet sind – ebenso wie bei verachteten
'niederen Subjekten'. Sollte da die so genannte Mittelschicht, der du und ich wahrscheinlich beide angehören, frei von solchem Unwesen sein?
Ich weiß, ich mute dir hier einiges zu. Ich packe noch etwas oben drauf, bevor ich weiter versuche, einem vernünftigen naturnahen menschlichen Maß nachzuspüren. Denn auch das Folgende zeigt die
systematische und keinesfalls zufällige Verblendung unserer Wahrnehmung. Es befasst sich mit der 'westlichen Moral':
In den reichen Industrienationen herrschen materieller Wohlstand, ein relativ stabiler Frieden, Religions- und Meinungsfreiheit. Es gibt ein hohes Ausbildungsniveau und viele berufliche
Möglichkeiten wie auch solche in der privaten Freizeit. Die Staaten werden demokratisch regiert; in die Familienplanung greift er nicht unmittelbar ein.
Das sind hohe Werte – ebenso wie die der körperlichen Unversehrtheit wie auch der der Menschenwürde. Insofern lässt es sich leicht von Glück sprechen, in einer solchen Gesellschaft leben zu
können.
Getrübt wird dieses Glück durch allerlei, was so an 'Nebenwirkungen' zu spüren ist – von 'friendly fire' in Form von Verkehrslärm, verstopften Straßen zur Berufsverkehrszeit, Parkplatzproblemen,
unsicheren Arbeitsplätzen, eintöniger Landwirtschaft mit industriellen Zügen und mit hohen Umweltbelastungen, unschönen Industrieflächen und Industriebrachen, Halden, gewaltigen Verkehrsflächen
mit hohem Gefahrenpotential wie auch starker Lärm- und Luftbelastung. „Wo viel Licht ist, da ist eben auch viel Schatten,“ so magst du beschwichtigend einwenden.
('friendly fire: nach einem schweren Verkehrsunfall an einer Lasndstraßenkreuzung)
Doch wie ist es mit den vielen Menschen, die für diese Flächen einst enteignet und umgesiedelt werden mussten und immer noch werden – z. B. in den großen Braunkohlen-Tagebaugebieten, die sich
immer weiter in die Landschaften fressen, dabei ganze Ortschaften verschluckend. Da wirkt es in Friedenszeiten schon weitaus gewalttätiger im eigenen Land, denn die Menschen dort haben keine
Chance gegen den legalen Landraub, trotz Umsiedlung und materieller Entschädigung. Da ist in der Regel keinerlei Freiwilligkeit im Spiel, weil die eigene Heimat der Kindheit und Jugend verloren
geht.
Wie steht es damit, dass wir eine der größten Waffen exportierenden Nationen sind? Da handelt es sich schließlich um Dinge, die tödliche Gewalt in die Welt tragen – vor allem in Krisengebiete,
die oft erst durch westlichen Rohstoffhunger zu solchen wurden? Mit Regimes, die dank westlicher Unterstützung ihre Völker weniger im Blick haben als den Machterhalt dank der 'Gnade' westlicher
Aufrüstung und Duldung.
Oder etwa dies: Wo wirtschaftliche Interessen im Spiel sind, ist in so genannten Entwicklungsländern Vertreibung und Landraub ebenso an der Tagesordnung wie auch Zerschlagung von einheimischer
Produktion, weil der Westen subventionierte Überproduktion zu Spottpreisen in diese Länder exportiert. Sind das wirklich wir?
Oder wie kommt man in so 'hoch entwickelten' Ländern damit zurecht, Massen von Tieren eng zusammengepfercht zu halten, wogegen jedes Zuchthaus ein Kurhotel sein könnte? Nicht artgerecht
gefüttert, unter Dauerstress gehalten und zum Schluss noch über lange Strecken Richtung Schlachthaus transportiert, wo man der Massentötung der eigenen Artgenossen vor der eigenen noch zuschauen
muss? Und das alles nur für einen kurzen Gaumenkitzel unsererseits?
Wie lässt sich so etwas mit den hohen Idealen vereinbaren, die die westlichen Demokratien für sich behaupten und beanspruchen? Ganz einfach: Gar nicht!
Hier besteht eine klare Doppelmoral, die besagt: Mia san mia! Und was für uns gilt, das gilt für 'die anderen' noch längst nicht! Daraus folgt dann logisch: Innen Hui, außen
Pfui!
Anders ausgedrückt: Wer über ausreichende wirtschaftliche (wie auch militärische) Mittel verfügt, der kann mittels ausgeübter struktureller Gewalt oder selbst unmittelbar militärischer (auch
deren Androhung) seine Interessen auf Kosten anderer wahrnehmen. „...und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“ Was für eine Kultur, was für eine Moral ist das?
Der gewöhnliche Bewohner eines westlichen Industrielandes bekommt von alledem nicht allzuviel mit. Möglichst viel davon spielt sich außerhalb der unmittelbaren Wahrnehmungswelt des Einzelnen ab.
Jeder weiß um diese Dinge, aber kaum jemand regt sich ernsthaft auf. Kaum jemand erhebt empört seine Stimme und will ernsthaft diesem Treiben Einhalt gebieten. Man selbst würde so etwas
natürlich niemals selbst tun. Doch welchen Einfluss hat man schon gegen die, die das betreiben? So in etwa lautet z. B. die Moral. (Moral bezeichnet laut Wikipedia „zumeist die faktischen
Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen.“)
Man betrachtet sich heute scheinheilig als 'Sklave' des Geldes, das die Welt (und damit einen selbst) regiert, wogegen man ja angeblich völlig machtlos ist.
Das zieht als automatische Folge nach sich, dass man indirekt andere befugt, für den eigenen Nutzen Handlungen zu vollziehen, die man für sich selbst als 'unmöglich' einschätzen würde. Insofern
erledigen die 'Drecksarbeit' dann andere für einen. Einen direkten Auftrag hat man ihnen persönlich ja nicht erteilt.
Doch weit gefehlt:
Das ist nur wie bei einem kleinen Kind, dass sich die Augen zuhält und sich damit vormacht, es sei jetzt vor den anderen versteckt. Es ist doch der eigene Kaufakt, durch den man bei
Fleisch und Wurst den Auftrag für neue Massentierhaltung und -tötung erteilt.
Der Kleinkindhafte oder geistig Zurückgebliebene (ich spreche hier von erwachsenen Menschen wie dir und mir, die 'mitten im Leben' stehen) wird hier einwenden, dass das Tier ja längst getötet
worden sei, bevor er das Fleisch oder den Schinken kaufte. Nun klaube er ja nur noch die sterblichen Überreste auf, die ja ansonsten sinnlos verrotten würden.
Wer sich nichts vormacht, weiß, dass jeder Kauf ein Auftrag für weitere gleichartige Waren bedeutet.
Außerdem:
Wie kommen wir damit klar, dass von unseren wirtschaftlich und militärisch starken Konzernen und Staaten gewalttätige Kräfte ausgehen, die legitime Interessen anderer, die in dieser Weise
nicht mithalten können, einfach 'platt machen'?
Wie wirkt das auf uns selbst zurück – wissen wir doch, dass wir Gewalttätigkeit Stärkerer gegen Schwächere als unfair beurteilen, solange es 'die eigenen' sind? Gegen
'Außenstehende' wenden wir sie offensichtlich ohne Skrupel an und handeln insofern unfair bzw. lassen andere im eigenen indirekten Auftrag so handeln? Alles o. k.?
Kann so etwas spurlos an uns vorbei gehen, nur weil die Betroffenen nie bei uns an der Haustür stehen und Schadenersatz fordern werden? Können wir und das wirklich so einfach
machen?
Eine Frage der Haltung:
Der Philosoph Kurt Bayertz sagt über den aufrechten Gang: Wir sind nicht mit einer Garantie auf Anständigkeit geboren. Manchmal scheitern wir, dann müssen wir wieder aufstehen und den Rücken
aufrichten.
Auch eine Möglichkeit, aus den Verstrickungen westlicher Geldwirtschaft, Industriekultur und militärischer Vorherrschaft hinauszukommen:
Es gilt wohl, sich das eigene Scheitern einzugestehen und sich wieder neu aufzurichten im Sinne einer 'anständigeren' Lebensführung.
(Herbstlaub in der Sonne: Grundbedürfnisse nach Einfachheit, Klarheit, Schönheit, Entspannung)
Die westliche Seele ist krank durch Selbstunterwerfung unter die Herrschaft des Geldes, durch Streben nach willkürlich erzwungenen Lustgewinn im Konsum in allen seinen Schattierungen und
die Doppelmoral: was mir selbst durch andere widerfahren darf im Gegensatz zu dem, was anderen durch mich geschieht.
Doch Selbstversklavung, Sucht nach billiger Lust und das Wegschauen – das kann unmöglich zu einem beglückenden Leben mit guten Resultaten für mich selbst und andere führen. Ich muss
mir dazu die Augen verbinden, die Ohren verschließen und den Mund zuhalten, falls der etwas unbequemes aussprechen möchte.
(aus der Wikipedia: „Während die drei Affen in Japan eigentlich die Bedeutung „über Schlechtes weise hinwegsehen“ haben, werden sie in der westlichen Welt eher als „alles Schlechte nicht
wahrhaben wollen“ interpretiert. Aufgrund dieses negativen Bedeutungswandels gelten die drei Affen daher hierzulande als Beispiel für mangelnde Zivilcourage.“)
Ich muss mir also selbst eine multiple Schwerbehinderung auferlegen, um ohne Skrupel in der kapitalistischen Kultur heutiger Prägung leben zu können. So doof mag ich zumindest auf Dauer nicht
bleiben.
Du könntest mich vielleicht missverstehen, dass ich mir und dir hier eine Gardinenpredigt halten möchte. Ich habe aber eigentlich nur typische aktuelle gesellschaftliche Muster aufgeführt und
bewertet. Weil sie dich und mich allerdings betreffen, mag das wie eine volle Breitseite dagegen wirken.
Darum:
Um es für dich und mich nicht zu kompliziert zu machen, will ich hier eine aktuelle Startmarke für dich und mich setzen – so wie wir aktuell sind und leben:
Sowohl du als auch ich sind heute 'ganz in Ordnung' wie wir heute sind. Wir haben schließlich bisher unser Bestes gegeben; unsere Lebensergebnisse sind das Resultat unseres Mühens und Wirkens.
Damit sind wir allerdings nicht so ganz zufrieden – und das ist der Ausgangspunkt in deiner und meiner Lebensschule.
Fasse ich hier das recht ausführlich Zusammengestellte zusammen:
1. Vor allem Großkonzerne dürfen uns ihren oft minderwertigen Tand zum x-ten Male andrehen. Wir lassen uns mit teuer finanzierten Spielen oder anderen Großveranstaltungen der
Unterhaltungsindustrie (nebst Fernsehen) einen ansonsten eher langweiligen Alltag aufpeppen. Wir essen und trinken unentwegt, lassen uns mit ungefragter Werbung allerorten zumüllen und suchen
fast als Dauerpatienten im Schnitt 17mal jährlich im Schnitt einen Arzt auf. Deshalb ist die eigene Lebensführung ganz offensichtlich in weiten Teilen ausgelagert ('outgesourct') und an andere
delegiert worden – jedenfalls befindet sich das Steuer kaum noch in der eigenen Hand.
2. Wir leben in unserer Lebenswelt völlig abgehoben und haben in grundsätzlichen materiellen wie auch geistigen Dingen jegliche Bodenhaftung verloren.
3. Wir erkennen wir nicht mehr, was unsere tatsächlichen natürlichen Möglichkeiten sind oder wollen uns derer nicht mehr bedienen. Wenn ja warum? Wir müssen diese so sehr erweitern, dass es ohne
diese gewaltige Maschinisierung und unsere unzähligen Energie-Sklaven gar nicht mehr geht.
4. Es macht den Eindruck, als seien wir davon überzeugt (als glaubten wir), dass ein Leben ohne diesen Aufwand unterentwickelt, nicht vollwertig, mühselig und unwürdig sei.
5. Es scheint, als erkennen wir unsere Existenz als Naturwesen mit naturgegebenen Möglichkeiten nicht mehr als lebenswert an. Wir nehmen dieses Leben nur noch an, wenn wir unsere Möglichkeiten
gewaltig aufblasen und uns künstlich 'vergrößern'.
6. Wir leben einfach oversized – mit einer Masse an Besitztümern und Maschinenkraft, die wir gar nicht selbst sind und die wir auch ohne vielfältigste Arbeit von anderen niemals hinbekommen
könnten.
7. Wir 'besorgen' ich uns 'ganz normal' Wohlgefühl auf Knopfdruck, weil es anderes schwer Erträgliche in unserem Alltag in seiner Spürbarkeit abschwächt – z. B. durch Essen, Trinken, Arbeit,
Sport, Spiel, Sex, Hungern, Kaufen, Geldanhäufung, Protzen, Lügen und indirektes Stehlen bzw. Rauben.
8. Man betrachtet sich heute scheinheilig als 'Sklave' des Geldes, das die Welt (und damit einen selbst) regiert, wogegen man angeblich machtlos ist. Mit dieser Schutzbehauptung befugt man andere
indirekt, für den eigenen Nutzen Handlungen zu vollziehen, die man für sich selbst als 'unmöglich' einschätzen würde. Insofern erledigen die 'Drecksarbeit' dann andere für einen. Einen direkten
Auftrag hat man ihnen persönlich ja nicht erteilt.
9. Von unseren wirtschaftlich und militärisch starken Konzernen und Staaten gehen gewalttätige Kräfte aus, die legitime Interessen anderer, die in dieser Weise nicht mithalten können, einfach
'platt machen'.
10. Die westliche Seele ist krank durch Selbstunterwerfung unter die Herrschaft des Geldes, durch Streben nach willkürlich erzwungenen Lustgewinn im Konsum in allen seinen Schattierungen und die
Doppelmoral
11. Ohne eine Art von 'Tunnelblick' – ist die aktuelle kapitalistische Kultur nicht ohne schwere Skrupel zu ertragen. Jeder der die Scheuklappen ablegt, bekommt mit ihr schwere Konflikte.
Als erste Hilfen sind schon gefunden:
1. Was von dem, womit wir uns umgeben und imAlltag umgehen gehört zu legitimen, natürlichen menschlichen Grundbedürfnissen?
2. Den massenegoistischen Zweckvereinigungen wie Großbanken, Internationalen Großkonzernen und staatlichen Großmächten hat jeder entgegenzuwirken; das ist eine zentrale Lebensaufgabe, willst du
Vielfalt und ein farbiges Lebensumfeld.
3. Diese Welt ist kein Jammertal, das man nur irgendwie hinter sich bringen muss. Schönheit, Würde, Zusammenspiel, Hoffnung und Zukunftsaussichten gehören neben Lasten, Zumutungen und
Schmerzlichem mit zur menschlichen Existenz.
Die Frage nach den Grundbedürfnissen ist die eigentlich zentrale; sie zu beantworten, erscheint bei uns 'wohlstandsverwöhnten Konsumpüppchen' allerdings ziemlich schwierig.
Da klebt so dicker Putz als Fassade vor dem Eigentlichen, dass wir stets geneigt sind, Fassadenteile als das Wesentliche zu erkennen.
Andererseits fühlen wir uns eines gewissen Teiles unserer natürlichen Souveränität beraubt und raffen als Ausgleich dafür blind überall, was wir uns greifen können. Vielleicht füllt es ja
die große entstandene Lücke an Lebensqualität, die uns abhanden kam.
(der Verlust von Ruhe)
Im folgenden zweiten Teil geht es um das, was unter biologischen und menschlichen Grundbedürfnissen verstanden wird, um die bisher vertretenen Positionen zu klären und zu erhärten.
Danach gibt der Verfasser detaillierten Einblick in seinen persönlichen Stand bei seinen Versuchen darin, nicht mehr so dümmlich und großkotzig zu leben, wie esdir und ihm - zum Nutzen von
Geldanhäufungen - die alltägliche Werbedusche und mediale 'Vorbilder' aufzudrängen versuchen.
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